Die neuromanischen Bogengurten geben wie Kulissen immer eine neue Dimension von Raum frei, bis sie zur Mitte führen, in denen der große Altar wie ein Ziel steht, eine Mitte, die den ganzen Sinn des Raumes ausmacht. Und hinter diesem Altar da gibt der letzte Bogen, der Chorbogen einen Lichtraum frei, der Auferstehung und Vollendung darstellt, Ewigkeit, wie es in die Bodenplatte eingraviert ist. Von neuem ist diese Kirche eine Wegkirche geworden, wobei sich die Wege nicht mehr durch die Mitte, sondern links und rechts durch die Seitenschiffe ziehen, während sich im Mittelteil die Gemeinde sammelt, um zu feiern, zu singen, zu hören und zu beten.
Auf diesen Wegen sind Gedankenworte eingelassen, die unser menschliches Leben ausmachen: Auge, Welt, Denken, Schritt, Sprache, Handeln. Diese Stationen vollenden sich in der letzten Steinplatte im Chorraum, die in voller Schwere „Ewig“ heißt und durch ihre Bedeutung alles umfasst, wohin dieses Leben mündet. Diese Wege sind umsäumt von den Lichteinfällen der farbigen Glasfenster und der Lichtschlitze, die den Weg erhellen und wieder dunkel werden lassen, die dieses Leben einmal in Farbe und dann wieder in nüchternem Grau erscheinen lassen. Die Botschaft der Glasfenster von Martin Häusle zeigen die Evangelisten und die Seligpreisungen, die in Heiligen dargestellt sind. Diese Fenster geben dem Weg nicht nur Farbe, sondern noch viel mehr Sinn und Hoffnung, weil wir mit diesen Verheißungen unterwegs sind. So ist der Raum ein Haus Gottes und ein Haus der Gemeinde, wo beide sich begegnen und sich vereinen, und wie zwei Schalen sich im Geben und Nehmen bereichern.
Der Altar steht dominant in der Mitte und damit für die Mitte selbst: für Jesus Christus. Fest verbunden mit dem Boden wächst er in die Weite und schenkt dem ganzen Raum Fundament und Einladung.
Die Bilder, die 1957 von Herbert Albrecht aus dem Travertinstein gehauen wurden, stellen das Lamm und das Volk Gottes dar, die sich zum Mahl vereinen. Aus diesem lebensspendenden Felsen, dürfen die Feiernden das Wasser trinken, wie einst das Volk Israel in der Wüste, um die Dürre des Alltags auszuhalten. In der Beschreibung der Feier der Eucharistie liegt eine Spannung zwischen Opfer und Mahl. Dieses Spannungsverhältnis drückt sich auch in den Altarformen aus, besonders auch im Altar von Götzis. Die Dimensionen von Opfer und Mahl existierten von Anfang an. Der Altar ist im christlichen Verständnis zwar von Anfang an ein Tisch und keine Opferstätte, aber er war doch die Unterlage auf der die Gaben abgelegt wurden, er war nicht eigentlich Esstisch, aber doch ein Tisch, von dem die Mahlgaben empfangen werden, so schreibt der Liturgiewissenschaftler Albert Gerhards. Der christliche Altar hat mit den Opferaltären anderer Religionen nichts zu tun, wenn auch sein Name vom lateinischen Wort adolere - verbrennen herkommt.
Große Altäre hatten besonders in Rom Tradition, so wie der ara pacis, der das Ausmaß von 10 x 11 Meter hatte. Der größte von ihnen steht in Syrakus mit den Ausmaßen von 198 x 23 Meter. Auf diesen Altären wollten die Römer die Götter gnädig stimmen, damit ihnen ein gutes Schicksal geschenkt sei. Das waren aber nicht die Altäre und nicht der Glaube der Christen. Denn sie feierten einen Gott, der nicht mit den Menschen einen Tauschhandel betreibt, sondern ihnen mit seiner Liebe zuvor kommt, der eine Proexistenz lebt, ein Dasein für andere. Das ist die wesentliche Botschaft, die Papst Benedikt in seiner ersten Enzyklika ausgedrückt hat. Gott will in Liebe auf die Menschen zugehen. So setzte sich dieser menschgewordene Gott an den Tisch der Menschen. Sein Altar ist ein Tisch, an dem er den Menschen zuhört, an dem er ihnen Hoffnung schenkt. Der Künstlerseelsorger und Theologe Alois Goergen aus München, der auch am Guardinilehrstuhl dozierte, schreibt: „Jesus von Nazareth hat den Tisch in die Mitte der Welt gestellt als Zeichen eines neuen Bundes, eines neuen Äons, den herrschaftsfreien Tisch als Zeichen der neuen Geschwisterlichkeit des Christus mit der Welt.“
So hat die Mächtigkeit des Altares in Götzis wohl den Sinn eines Tisches inmitten der Welt, der die Menschen zu einem großen Festmahl einlädt. Die Größe bedeutet wohl auch, dass alle Platz haben sollen. Dieser Altar, der so überdimensional in der Mitte des Presbyteriums steht, soll die Feiernden immer neu zur Mitte führen und diese Mitte neu entdecken lassen. Er stammt aus einer Zeit, in der der Altar den Menschen näher rückte und in der Karl Rahner verkündete, dass die Eucharistiefeier die Mitte jeder Pastoral sein und bleiben soll.
Die Wiedereinführung des Ambo als fester liturgischer Ort ist neben der Einführung des Volksaltares die zweite bedeutende Erneuerung des Konzils für die Gestaltung des Altarraums. Sie entspricht der Aufwertung des Wortes in der Muttersprache. Er wurde zum Tisch des Wortes. Sein Dienst ist die Vergegenwärtigung des Wortes Gottes. Durch ihn geschieht Erinnerung genauso wie durch die Feier auf dem Altar. Durch diese Erinnerung soll die Botschaft der Bibel gegenwärtig werden.
Christus wird im Mahl, in der Gemeinschaft und im Wort gegenwärtig. Aus diesem Grund kommt der Verkündigung des Wortes eine Bedeutung zu, die auch durch den eigenen Ort des Ambos hervorgehoben wird. Der Ort des Ambos war immer schon näher bei der Gemeinde als der Altar. Da er auf einem Podest stand, zu dem man hinaufsteigen musste, wurde er nach dem griechischen Wort „anabainein = hinaufsteigen“ benannt.
Der Ambo ist ein zweiter Brennpunkt im Altar- und Chorraum. Er ist kein Rednerpult, erst recht keine Ablage. Er ist der deutlich hervorgehobene Ort, von dem aus die Feiernden Gottes höchstpersönliche Zusage an sie hören dürfen, wo ihnen seine ausgestreckte Hand und sein verlässliches Versprechen entgegenkommen, wo sie sich seinen Bitten und Erwartungen aussetzen. Darum steht hier auch ein geerdeter mächtiger Stein aus demselben Material wie der Altar. Darüber schwebt fast das Lesepult aus Bronze, das das göttliche Element darstellt. Hier vereinigt sich das Wort, das aus dem Munde Gottes kommt und wie Schnee oder Regen auf die Erde fällt mit dem Menschen. Im Wort der Verkündigung wird es ausgesprochen und geerdet in den Mitfeiernden, die es mit nach Hause tragen und es dort Wirklichkeit werden lassen. Der Taufstein Der Taufort hat in der erneuerten Liturgie ebenso eine wichtige Aufwertung erfahren. Die Wichtigkeit des Taufortes wurde früher durch den Bau eigener Baptisterien, Taufkirchen betont, in denen das Hinabsteigen und Untertauchen als symbolisches Ertrinken und das Aufsteigen als Symbol des Emporsteigens aus dem Grab gedeutet werden konnte. Hier wurde das Durchschreiten des Schilfmeeres und die neue Geburt des Gottesvolkes symbolisiert. Seit dem Mittelalter gibt es das Taufbecken in der Kirche. In ihm wurde das in der Osternacht geweihte Taufwasser für das ganze Jahr aufbewahrt. Heute ist der Taufstein der Ort, an dem dieses Wasser für jede Taufe neu geweiht wird, das Wasser, das das ewige Leben symbolisiert. Darum liegt in dem Stein wieder die bronzene Schale, die das Göttliche darstellt. Denn hier berührt sich Himmel und Erde. Die Weihwasserbecken aus demselben Stein beim Eingang der Kirche erinnern uns an die Taufe, und wenn wir beim Betreten der Kirche das Weihwasser nehmen, so ist dies auch eine Erinnerung an die Taufe und eine Erneuerung von dieser.
Ursprünglich wurden die für die Krankenkommunion vorgesehenen Hostien in der Sakristei aufbewahrt. Erst im 8. Jh. wurde es üblich, ein in der Nähe des Altar befindlichen Sakramentshäuschen dafür zu verwenden. Vom Altar getrennte, oft in einer Wand nischenartig eingebaute oder auf einem Sockel freistehende Sakramentshäuschen waren vor allem in der Gotik gebräuchlich. Nach dem Konzil von Trient 1545-63 ordnete die Kirche die Aufbewahrung der Hostien im Tabernakel auf dem Hochaltar an. Das Wort Tabernakel leitet sich vom lateinischen "Hütte, Zelt" ab und meint damit die Anwesenheit Gottes unter den Menschen.
Da in unseren modernen Kirchen Hochaltäre fehlen, ist es üblich geworden, Tabernakelsäulen zu bauen. So steht in Götzis diese mächtige Tabernakelsäule wie ein Sakramentshaus unter dem Chorbogen, gleichsam an der Schnittstelle zwischen Zeit und Ewigkeit. Der Tabernakel ist wieder in Bronze gestaltet, dem Metall, das das Göttliche darstellt. Die Flächen werden durch Kreuzmeditationen aufgelöst, die die Botschaft des Chorbogenkreuzes wiedergeben: „Deinen Tod o Herr verkünden wir und deine Auferstehung preisen wir, bis du kommst in Herrlichkeit.“ Und wenn sich dieser Tabernakel nach beiden Seiten hin öffnen lässt, dann bedeutet dies sicher auch, dass sich hier beide Seiten von Zeit und Ewigkeit öffnen und begegnen, ja dass sogar Durchsichtigkeit geschaffen wird. Und weil die Schattierungen des Kreuzmusters immer eine andere Dimension eröffnen, kann ich auch anbetend und meditierend vor diesem Tabernakel verweilen, und mich für das ewig Neue öffnen, das sich aus ihm verstrahlt.